Einladung zum Klassentreffen, 20 (!) Jahre Abitur. Im cc der Einladungsmail der ganze Jahrgang. Gerührt dachte ich beim Durchlesen und Entziffern der Adressen: "Na, da seid ihr Arschlöcher ja!" Natürlich gehe ich hin.
Du gehst hin? Echt? Warum, wenn ich fragen darf?
Weil es in den letzten Jahren eine Reihe von mir bekannten Leuten aus heiterem Himmel traf: Warum geht man auf solche Veranstaltungen, wenn man die Leute von damals eher nie wieder sehen will? Wenn man über Jahre nicht an sie gedacht hat, außer hin und wieder mit Entsetzen? Ich bin mir sicher, nie nie nie eine Einladung zu 20 bzw. 25jähriger Mittlerer Reife zu erhalten, dazu war bei uns viel zu großes Chaos und viel zu große, nein, Klassenunterschiede waren es nicht, sondern Unterschiede in den Stilrichtungen: Punk, Ska, Popper, Disco, sogar Mopedfahrer. Und ein Haufen Tolkien-Fans brrr War wohl eher eine Unterschichtschule :-D Und wenn doch, es wäre mir peinlich, eine Einladung zu erhalten. Was soll ich dann tun? Oh Göttin, was dann?
Ich gehe hin. An einige der Leute habe ich durchaus nicht nur mit Entsetzen gedacht (in Bezug auf die ist "Arschloch" hier als Kosewort zu verstehen). Diejenigen, die mir damals schon gleichgültig waren, möchte ich mir aus reiner Neugier einfach ansehen. Photos machen. Wie die Zeit gewirkt hat. Und diejenigen, die ich damals gehasst hab, sind mir mittlerweile gleichgültig geworden. Update: Kemmler kommt nicht, er ist nicht eingeladen.
immer diese warum? frage
neugier, entertainment, .com egal. die ewigen sinnsucher sollen sich mit ihre kassenbrille ins weizenfeld stellen und aufs ufo warten. is doch wahr
Kassenbrille gipps nich mehr. Wir sind jetzt alle ganz privat. Auf Sinn- und Sinnvermeidungs. Suche.
@supatyp: Warum Kassenbrille? Warum dotcom? Warum Weizenfeld? - ich mag kein Weizen; lieber Kölsch.
Ich hätt vielleicht Abitur machen sollen, dann wüßte ich Bescheid :-D
kassenbrille
im buddy holly (the elvis costello of the fifties) style, (magische) kreise + zeichen in weizenfeldern, anorakträger, alles uiuiui, sinnverschwurbelt, spex abo vleicht noch
Letzten Herbst war ich auch beim 20jährigen Abitreffen. Die größten Sensationen waren schon fünf Jahre vorher erzählt bzw. demonstriert worden: zwei männliche Coming-Outs, lange nach dem Abi; das ewig gequälte, krankhaft schüchterne Mauerblümchen jetzt eine taffe, selbstbewusste Frau usw. Etliche Emanzipationen, die mich sehr gefreut haben. Zu Kemmler: Am Tag vor dem 20jährigen erfuhr ich, dass die Organisatoren auch meinen Kemmler (er heißt H.) eingeladen hatten. Die Folge bei mir: Panik, Hass, Ohn- und Allmacht im munteren Wechsel. Ich überlegte, was ich mit dieser Sadistensau machen sollte: ihn ohrfeigen? Ihn ignorieren? Ich wünschte, er würde kurz vorher sterben. Am Abend des Klassentreffens war er nicht da. Die Organisatoren sagten, er habe abgesagt, weil er sich am Tag vorher den Arm gebrochen habe. Sehr komplizierter Bruch, Krankenhaus usw. Mein Hass und meine Allmacht waren also einmal stärker gewesen als er.
Mein letztes Klassentreffen (15 Jahre Realschulabschluss, ich bildungsferner Jungspund) ordne ich unter "spannend und desillusionierend" ein: Erst im Stillen all die kleinbürgerlichen Lebensentwürfe belächelt, bis mir dämmerte, dass es meinem eigenen Leben mindestens ebenso an Glamour mangelt und es keinen, absolut keinen Grund für entsprechende Arroganz gibt.
Aber bitte vorsichtig sein: Bei Klassentreffen besteht immer höchste Regressions-Gefahr!
Ich wage zu behaupten, dass diese Gefahr aus bestimmten Gründen drastisch reduziert ist. Bericht folgt.
Bin gespannt. So erfahre ich dann ja womöglich doch noch genauer, was ich mir vergangenes Jahr anlässlich meines Zwanzigjährigen so »erspart« habe. Ich war seinerzeit so unklug (?) und hatte mich in das zu dem Anlass als Forum eingerichtete »Gästebuch« begeben. Nachdem ich fünfzehn Jahre nach der letzten Begegnung fast schon Lust gehabt hätte, mir das alles nochmal anzusehen, trat schon angesichts der dort dann langsam einlaufenden »Beiträge« sowas von Ernüchterung ein, dass ich Teilnahmepläne schnell wieder verwarf.
Mit zweien, mit denen ich früher recht gut konnte, traf ich mich noch eine Wiederholung gab's allerdings nicht...
Irgendwann versuchten die Initiatoren dann auch, nach nur wenigen meiner Forenbeiträge alle neuen gezielt zu löschen, nachdem sie wirklich die einzigen der Schulzeit auch nur sanft kritisch gegenüberstehenden gewesen waren (in einem hatte ich gar Böses über einen Lehrer geäußert). Ich verabschiedete mich dann dort, aber nicht ohne ein schnell dahingerotztes Skript, das meinen letzten Beitrag nach Löschung automatisch wieder hineinstellte. Das »Gästebuch« verschwand dann wenig später komplett. Albern-regressives Verhalten meinerseits? Ganz sicher. Aber Spaß hat's gemacht. Und ob ich mich dann zum Fünfundzwanzigjährigen sehen lasse, wird man noch sehen. Auch wenn man mich vielleicht nicht mehr zum Klassensprecher wählen wird *g*