Ganz bestimmt keine afrikanischen Ökonomen, die ihren neoliberalen westlichen Vorschwätzern den Unsinn nachschwätzen. Wie zum Beispiel hier:
Das Recht auf Eigentum muss in Afrika gestützt werden; ein effektives, transparentes und rechenschaftspflichtiges Rechtssystem muss geschaffen werden.
Da können sich die armen Schweine in Afrika schon drauf freuen, dass ihnen der Besitz ihrer rostigen Konservendosen garantiert wird, während irgendwelche Strohmänner, die alles andere als ihr persönliches Eigentum betrachten, mit "entwicklungshilfe"-finanzierten Knarren endlich die lange erwünschte Investitionssicherheit klar machen. Immerhin, es gibt auch Schattenseiten:
Wir wissen auch, dass 42 Entwicklungsländer, die die Reformprojekte von Weltbank und IWF umgesetzt haben, sich durchweg damit die Finger verbrannt haben. Seit 1980 ist das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in diesen Ländern auf knapp einen Dollar pro Tag gesunken. Diese «Reformen» haben unter anderem afrikanischen Führern Tür und Tor für zwielichtige Deals geöffnet, in denen internationale Aufträge so manipuliert wurden, dass die Cliquen der Herrschenden davon profitierten.
Surprise, surprise. Aber, wie schon Nietzsche sagte, was fällt, soll man auch noch stoßen:
Doch viele Experten vergessen bei aller notwendiger Kritik, dass die Interventionen der Weltbank und des IWF Volkswirtschaften stabilisieren sollten, die sich bereits im freien Fall befanden.
Aber warum nur? Reformiert die reiche Welt die arme doch schon so lange und intensiv, dass diese eigentlich blühen müsste:
Daher sollten wir uns fragen, wofür beinahe 400 Milliarden Dollar genutzt worden sind, die in über vier Dekaden nach Ghana flossen. Nach verlässlichen Informationen entspricht diese Geldmenge dem Umfang von sechs Marshall-Plänen, der seit 1947 das vom Krieg zerstörte Europa wieder aufrichten sollte.
Dass die europäische Wirtschaft, zumal die deutsche, sich selbst 1945 in einem weitaus besseren Zustand befand als die afrikanische je, zählt in diesem Zusammenhang natürlich nicht. Und dass es in einer unübersehbaren Anzahl von Fällen niemals der Zweck der "Entwicklungshilfe" war, der afrikanischen Wirtschaft auf die Beine zu helfen, sondern dass es darum ging, Rohstoffressourcen und womöglich Restmärkte für europäische/westliche Überschüsse zu erschließen, taucht in dieser sauberen Rechnung auch nicht auf. Aber eine weitere Liberalisierung wird's in Afrika schon richten:
Liberale Reformen in Afrika müssen sich den Unternehmergeist in Afrika zunutze machen und die Afrikaner in die Lage versetzen, untereinander und mit der Welt Handel zu treiben.
Denn bisher war das Werk der korrupten Regierungen folgendes:
... schließlich gilt es Innovationen und Eigeninitiative zu unterdrücken, damit die Regierung als die einzige Instanz erscheint, die für Essen, Kleidung und Behausung sorgen kann.
Ich seh sie schon deutlich vor mir, die gütigen afrikanischen Unternehmer, die wundersamerweise in Ländern, in denen es von vornherein viel weniger zu verteilen gibt als in Europa, für die Ernährung, Bekleidung und Unterkunft der Massen sorgen. Ganz ohne Korruption und Selbstbereicherung, im Kontrast zu den Regimen jetzt, deren schlimmstes Vergehen darin zu bestehen scheint, nicht den rechten Unternehmergeist zu beweisen. Oh, ihr korrupten afrikanischen Politiker, wie sehr korrumpiert ihr doch die Fähigkeit eurer Kommentatoren, nach der Struktur eurer Korruptheit zu graben, den Quellen eurer Waffen, den Geldgebern eurer Parteien, den Ständen eurer Nummernkonten in der Schweiz.
Es wird natürlich alles so weitergehen. Ob mit oder ohne Bob Geldof und seinen Freunden, die allesamt der Teufel holen kann. Wenn dann Leute wie Herr Cudjoe, Autor von Grundlagenwerken à la "Time up for Commodification and Privatization of Urban Water Supply in Ghana" und "How I became a Libertarian" ihren Kontinent auch noch in eine Verschärfung der Krise hineingeschwätzt haben, braucht sie das ja nicht zu kümmern. Wasserprivatisierung in Ghana, my ass. Wunderbare Aussichten für Afrika.
Ach, wie gerne hätte ich auch so eine klare Meinung zu dem Thema.
(Im Spiegel heute ein Interview mit einem kenianischen Wirtschaftsexperten, der den Nutzen der Entwicklungshilfe generell in Frage stellt. Völlig verschließen kann man sich seinen Argumenten nicht.)
"Entwicklungshilfe" unter den herrschenden Bedingungen scheint für die, die wirkliche Hilfe bräuchten, eher eine Art Euthanasie zu sein. Deswegen so zu tun, als mache die Korruption in Afrika Idee und Praxis einer Hilfe zur Entwicklung überflüssig oder stelle die Verpflichtung die ehemaligen Kolonialherren dazu infrage, ist dann vom Westen & Norden aus gesehen der Gipfel des Zynismus und von Afrika aus gesehen ein ungeheurer Luxus. Mich würde wirklich mal interessieren, was die Leute in Kenia und Ghana zu den Ansichten dieser Expertenwürstchen sagen, die in der Schweiz studiert haben und jetzt eine dicke Lippe riskieren. Wahrscheinlich sagen sie nichts, weil sie mangels Kommunikationsmöglichkeiten nicht einmal von diesen Leuchten der Wirtschaftswissenschaft hören.
Update
Ach, und die hervorragenden Argumente von Herrn Shikwati:
SPIEGEL: Täte das Welternährungsprogramm nichts, würden die Menschen verhungern.
Shikwati: Das glaube ich nicht. In diesem Fall müssten sich die Kenianer eben bequemen, Handelsbeziehungen zu Uganda oder Tansania aufzunehmen um die Nahrungsmittel dort einzukaufen.
Weil nämlich der innerafrikanische freie Handel automatisch die Effekte beseitigen würde, die die Unterstützung des Welternährungsprogramms so vertröpfeln lassen. Einfach so. Magie des Freihandels. You wish.
Was hat der Mann denn? In Afrika gibt es ausgezeichnete und hochmotivierte Unternehmer, die sehr wohl auf ihr Privateigentum achten (inkl. Sklaven) und Handel mit Rohstoffen, Drogen und Menschen auf eine unkontrollierte Art und Weise betreiben, die sogar Ludwig von Mises und Fluffy Hayek höchstpersönlich Tränen in die Augen treiben würde. Dabei brauchen sie den bösen Staat erst gar nicht in die Schranken weisen, denn es gibt ihn nicht. Sie sind der Staat selbst. Das Geschäft mit dem Wasser machen diese Gentlemen bestimmt auch gerne selbst. Vom Warlord zum Waterlord ist es nicht weit.