Ich könnte ja so misstrauisch gegen dieses Buch sein. Regional- und Lokalgeschichte haben mich nie interessiert, für mich zog da immer der Krähwinkel-Verdacht. Und was sollte mich reizen am fiktiven Briefwechsel zweier Pensionäre, der die Fährnisse einer Thanheimer Musikantenfamilie im 19. Jhdt. zum Thema hat?
Aber ich war vorgewarnt. Jörg ist wie ich Mitglied im Tübinger Holzmarkt. Ich kannte auch "Mo's Ursprung" schon, den Vorgänger. Und dann liest man diese Briefe, die sich der ehemalige Studienrat und der ehemalige Förster (!) angeblich 1953 geschickt haben, und man erfährt von ihrem kleinen Abenteuer. Sie wollen die Biographie einer schwäbischen Musikerin rekonstruieren, 1815 mit einem russischen Soldaten durchgebrannt, und ihres Bruders, ebenfalls Musiker, 1821 vom Blitz erschlagen. Da ist eine unglaubliche Feingliedrigkeit und Feinfühligkeit der Sprache, die sich eben nicht in Manierismen austobt, sondern immer bei der Sache bleibt. Man denkt, Stifter sei zurück gekehrt, aber auf eine Weise, dass ich ihn haben kann, sehr gut sogar. Ich weiß nicht, wie man im Jahr 2005 ohne jede Peinlichkeit eine Prosa schreibt, die eigentlich romantisch genannt werden müsste, wenn da im Hintergrund nicht eine Nüchternheit wäre, die das alles in Balance hält. Ich weiß nicht, wie das geht, eine Novelle von 49 Seiten Länge zu verfassen, und keinen Buchstaben zu viel zu verbrauchen. Ich vermute, es erfordert eine große Kunstfertigkeit. "Afra Dehnerin" von Jörg Hirsch hat eine ISBN (3-9808188-3-7). Aber wer "Afra Dehnerin" und "Mo's Ursprung" haben will (das empfehle ich auch, es handelt von einer Wanderung), der schreibt besser an joerg-m.hirsch[komisches Zeichen]gmx.de. Auch dann kann es eine Weile dauern, bis Antwort, noch ein wenig länger, bis das Buch kommt. Ich hoffe, Jörg hat noch Exemplare griffbereit. Da er in Nördlingen alles selbst von Hand gesetzt hat, wäre der Nachdruck wahrscheinlich ein wenig aufwändig. Man muss ja nicht alles immer gleich haben. Die Wartezeit lohnt sich.