Autorentreffen. Ehemaliges Kloster, ehemalige Euthanasieanstalt (ca. 3000 Leichen): Der Ort hat eine unerträgliche Geschichte. Sie wird von allen Anwesenden ertragen. Ich bin als Experte zum Expertengespräch geladen. Thema: Alle Schriftsteller lügen? Ein sehr interessantes Thema, wie ich finde. Andere Experten sind außerdem im Zivilberuf auch noch Feuilletonchefin, Lektor, Professor oder Bibliothekar. Die Diskussion hat Feuer, aber als sie sich auf bescheidenem Niveau an der Frage "Was ist Wahrheit?" festbeißt, ist sie gelaufen. In der darauffolgenden Nach schlafe ich schlecht. Das ist ja wohl das Mindeste, sagen die dicken Mauern.

Diese Frage scheint immer dann die Geistesmenschen zu beschäftigen, wenn der Spagat zwischen den bequem angehäuften Schludirgkeiten über GOtt und die Welt, und die tatsächlich stattfindenden Ereignisse so Stoffreißgeräusche im Schritt zeitigen. Ich sag nur Egon Friedell im Vorwort seiner Neuzeitkulturgeschichte: "Die Wahrheit ist immer und überall gleich, nämlich unbekannt." Wer bei der jetztigen Weltlage anfängt, Wahrheit von hohem Reingehalt zu filtern, der braucht doch wirklich nur die Nachrichten und all die vielen Berichte lesen. Es wurde wieder mal Wahrheit verwechselt mit entweder a) Meinung (und da ist die eine falsch und meine wahr) oder b) Geschichtsschreibung (und die wird von den Siegern geschrieben, also was Gegenwart betrifft eh noch nicht einforderbar.)