Wie Enzensberger mal eins in die Fresse kriegte:

Herr Enzensberger hat an den Präsidenten der Wesleyan University öffentlich geschrieben, daß er als Stipendiat beim dortigen Institut für fortgeschrittene Studien zurücktritt, und er beginnt mit grundsätzlichen Erwägungen.

Er bekennt öffentlich, daß die herrschende Klasse in den Vereinigten Staaten von Amerika (die Regierung eingeschlossen) in seinen Augen die gefährlichste Gruppe von Menschen auf Erden ist. The most dangerous body of men on earth. So hat es auch Paul Goodman im vorigen Oktober in einer Rede vor Rüstungsindustriellen gesagt: Sie sind, gegenwärtig, die gefährlichste Gruppe von Menschen in der Welt. Body of men. Wer wird denn pingelig sein wegen eines Zitats. In der Welt; es klingt so alltäglich. Nein: auf Erden. Feierlich, nachhallend. Biblisch allemal. Auf Erden.

Weil Herrn Enzensberger dies vor drei Monaten noch nicht bekannt war, will er das Land nach drei Monaten öffentlich verlassen.

Von vielen Amerikanern weiß der Westdeutsche, daß die Lage ihrer Nation sie beunruhigt. Wenn Mr. Gallup sich unter die Nation mischt, mag er viele Leute befragen können; wie viele Amerikaner hat der Westdeutsche kennen lernen können in zwölf Wochen? Zu welcher Klasse gehören sie? Sein Ergebnis entspricht im übrigen dem Gallup-Bericht von gestern. Viel Kenntnisse setzt er nicht voraus bei denen, an die er schreibt.

Nur daß eben viele Amerikaner ihm gesagt haben, die Krisen des Landes, der unerklärte Krieg in Viet Nam nicht zuletzt, seien Zufälle, Ungeschicklichkeiten, tragische Irrtümer. Dieser Ausdeutung kann Herr Enzensberger sich nicht anschließen. Offensichtlich nimmt das Offensichtliche zu an Offensichtlichkeit, wenn ein Enzensberger es sagt.

Die herrschende Klasse der U.S.A. habe so viele Länder verdorben; niemand könne sich noch sicher fühlen, weder in Europa noch in den Vereinigten Staaten selbst. Es ist das Gegenteil davon nicht behauptet worden. Aber so kann er uns wenigstens mitteilen, daß er das Bedürfnis hat, sich sicher zu fühlen.

Herr Enzensberger gibt zu, daß er unsere Zeit verschwendet hat mit seinen Wahrheiten; er möchte es nun aber noch in einer wissenschaftlichen Manier tun. Er habe keinen Raum.

Es ist ganz hübsch grausam von der New York Review of Books, ihm den ausreichenden Zeilenraum zu verweigern. Dem Herausgeber der Zeitschrift »Kursbuch«, Herrn Hans Magnus Enzensberger, kann nicht ausgiebig genug die Grausamkeit verdacht werden, mit der er den Wahrheiten Herrn Enzensbergers seine Seiten versperrt.

Obendrein haben bereits andere diese Wahrheiten ausgiebig besorgt; Herr Enzensberger bemerkt es selbst. Er nennt die Namen dieser amerikanischen Gelehrten; er macht dem Publikum der New York Review of Books Vorschläge zur Lektüre. Es scheint, als habe es nach seiner Meinung noch einiges nachzuholen. Baran und Sweezy, in der Tat. Die Arbeiten der anderen für das, wozu Herrn Enzensberger der Raum fehlt, gelten in der hiesigen Gelehrtenwelt als nicht erheblich, altmodisch, langweilig, rhetorisch; so ist es ihm gesagt worden, und wenigstens das will er in Ordnung bringen.

Er spricht von unserer Gesellschaft. Sie habe die alten Tabuwörter freigegeben, die uralten und unentbehrlichen Wörter mit den vier Buchstaben, fuck und shit und piss. Die ganze Gesellschaft hat es beschlossen, und Herr Enzensberger war dabei. Nun gebe es noch eine andere Gesellschaft, die gebildete. Dort hat Herr Enzensberger seine 98 Millionen Amerikaner kennen gelernt. Die haben unter allgemeiner Zustimmung andere Worte mit dem Bann belegt. Ausbeutung und Imperialismus, das hat in der gebildeten Gesellschaft Herrn Enzensbergers einen Ruch von Obszönität. Freilich, wenn man so unter sich ist. Wer aber das Wort für ein Problem abschaffe, hat das Problem noch lange nicht aus der Welt. Wie wahr.

Herr Enzensberger wendet sich nun gegen die Auffassung, daß Bankpräsidenten, Generäle und Rüstungsindustrielle (siehe Paul Goodman) aussähen wie die Unholde in den Comic-Strips. Er möchte das richtigstellen. Sie haben gute Manieren, sind freundlich, lieben womöglich Kammermusik und haben philanthropische Neigungen; Leute, wie es sie auch bei den Nazis gab. So sind sie also. Nun wissen wir es. Ihre moralischen Defekte rühren nicht aus ihrem Charakter, sondern aus ihrer gesellschaftlichen Funktion. Es wird nach diesen überraschenden und originellen Einsichten wohl keiner mehr annehmen, daß der Präsident der U.S.A. als ein Privatmann handelt. Was gesagt werden muß, muß gesagt werden.

Und Kommunismus ist auch nicht, was aus Herrn Enzensbergers Analyse spricht. Er hat keinen Grund, diese bejahrte Verdächtigung zu fürchten. Furchtlos wie er ist. Denn der Singular Kommunismus ist ohne eine Bedeutung, hat viele, widersprüchliche, einander ausschließende. Da ist also nicht viel zu fürchten, und Herr Enzensberger tut es nicht. Wenn das aber noch nicht reicht als Rückendeckung, so hat er an seiner Seite noch griechische Liberale, lateinamerikanische Erzbischöfe, norwegische Bauern und französische Industrielle, die ganze gebildete Gesellschaft Herrn Enzensbergers. Amerikanische Rüstungsindustrielle sind the most dangerous body of men on earth, Paul Goodman sagt auch so; doch nicht französische. Und Kommunisten sind seine Nothelfer obendrein nicht, wenigstens gehören sie nicht zu der kommunistischen Vorhut. So kann Hans Magnus Enzensberger nichts passieren. Öffentlich hat er darauf Anspruch gemeldet; daß wir uns nun ja daran halten und ihm seine Sicherheit nicht wegnehmen. Sonst wäre es ja ein Scheißspiel (die Gesellschaft hat in allen Gliedern die Tabuwörter, weil unentbehrlich, freigegeben).

Daraus folgt, daran schließt logisch an, die Konsequenz davon ist: ein Faktum. Daß 125 Millionen nicht wissen, wie sie und ihr Land sich in der auswärtigen Welt ausnehmen.

Nein. Das darf nicht sein. Wie isses nu bloß möglich! Und wie sehen sie im Ausland aus, ohne es zu wissen? Ohne die leiseste Ahnung zu haben?

Herr Enzensberger hat es erkannt an dem Blick, der amerikanischen Touristen folgt in den Straßen von Mexico, Soldaten auf Urlaub in fernöstlichen Ländern, Geschäftsleuten in Italien oder Schweden. Schweden scheint eine Alternative zu sein. Derselbe Blick trifft übrigens auch Botschaftsgebäude, Zerstörer, Anschlagtafeln mit amerikanischer Produktwerbung, von General Motors bis I.B.M. Ein internationaler Blick, gleich in jedem Land. Wo der Blick nicht auftritt, befindet sich das Territorium der Vereinigten Staaten von Amerika.

Enzensberger hat ihn leicht erkannt, diesen Blick. Er will damit nicht hinter dem Berge halten. Ein fürchterlicher Blick, der keine Unterschiede macht und keine Nachsicht übt. Er hat Herrn Fnzensberger getroffen, weil er ein Deutscher ist.

Die Deutschen hatten sich 1945 vor der Welt zu verantworten für 55 000 000 Tote, die sechs Millionen Opfer in den Vernichtungslagern noch dazu.

In Herrn Enzensbergers Augen haben die Bürger der U.S.A. eine vergleichbare Schuld auf sich geladen.

Mag es da um Tote gehen. Die Toten halten zuverlässig das Maul.

Es folgt die Analyse jenes internationalen Blicks. Der Versuch einer Analyse. Bescheiden die Favorisierung ablehnen, und dann doch als Erster über die Ziellinie gehen. Dann kommen zum Kranz die Vorschußlorbeeren noch hinzu. Versuch einer Analyse.

Der bescheidene, zaghafte Schüler, der dann doch alles herauskriegt: Jener Blick besteht aus einer Mischung aus Mißtrauen und Widerwillen, Furcht und Neid, Verachtung und offenem Haß.

Und wer es nicht glaubt, ist freundlich eingeladen, sich sommers mit ihm in Rom zu treffen und an dem Brunnen auf dem Platz unterhalb der Spanischen Treppe den Beweis abzuholen.

Denn die Passanten in mexikanischen, fernöstlichen, italienischen (oder schwedischen) Straßen haben die Außenpolitik der U.S.A. bereits analysiert. Nur in Amerika, und besonders bei der New York Review of Books und der Wesleyan University von Middletown weiß man noch nicht Bescheid. Aber nun ist endlich Herr Enzensberger gekommen.

Jener Blick trifft den Präsidenten Johnson. Der kann ja in kaum noch einer Hauptstadt sein Gesicht öffentlich zeigen. Hier werden manche Zuhörer Herrn Enzensbergers hörbar aufseufzen: Wär's doch wahr.

Denn von allen Staatsoberhäuptern der Welt ist der Präsident der U.S.A. das einzige, das bei Auftritten in der Öffentlichkeit durch Sicherheitsvorkehrungen geschützt wird.

Da es aber nicht wahr ist, spricht Herr Enzensberger lieber rasch von der netten alten Dame auf dem Flug von Delhi nach Benares, auf der anderen Seite des Gangs. Auch sie trifft der Blick. Das sind allerdings schlechte Nachrichten für die Fluggesellschaft. Riesige Summen für die Werbung ausgegeben, und nun hält der Passagier Enzensberger sich nicht daran, womöglich nicht einmal das Flugpersonal.

Es ist ein wahlloser, blinder, nicht unterscheidender, kritikloser Blick. In Bausch und Bogen.

Es ist ein manichäischer Blick. Er kommt von den Anhängern der Lehre vom Dualismus zwischen dem Herrscher des Lichtreichs und dem König der Finsternis, zwischen Geist und Materie, aus welcher ungehörigen und tief bedauerlichen Mischung die Welt und der Mensch entstanden. Nach dieser Lehre sind Welt und Mensch nur zu retten, wenn die Lichtteile wieder von der Materie getrennt werden und ins Lichtreich zurückgehen. Dieser Prozeß verläuft bis zur endgültigen Reinigung im Weltbrand. Der Wissende kann ihn fördern, indem er sich schlicht der Fortpflanzung enthält. Es ist auch viel geholfen, wenn die Auserwählten verzichten auf den Genuß von Fleisch und Wein. Es ist ihnen angeraten, auf Arbeit zu verzichten. Besitz soll möglichst abgestoßen werden. Wer aber solch erlesene Kenntnisse nicht hat, wer Kinder hat und Fleisch ißt und säuft und arbeitet und zur Arbeit seine eigenen Produktionsmittel benutzt, auf den richten die Manichäer ihren Blick: so. Manichäisch.

Mr. de Rosny, Vizepräsident seiner Bank, reist arglos durch die Welt, und in Mexico, in Bangkok, in Rom (oder Stockholm) blicken ihm die Einwohner nach, alles alte Leute ohne Kinder, Mönche und Landstreicher, sämtlich besitzlos, Vegetarier und Abstinenzler. Manichäer.

Herrn Enzensberger freut der Blick nicht.

Wenn er uns das alles sagen muß; er wird uns doch deswegen bedauern.

Herr Enzensberger sieht eine Verbindung zwischen dem blinden Blick der Manichäer und der Tatsache, daß er mit den Ansichten des Präsidenten Johnson nicht übereinstimmt. Es möchte ja Einer den Verdacht gehegt haben; dem sei ein Riegel vorgeschoben. Schlicht alles, was der Präsident äußert über kollektive Gaunerei und kollektive Schuld, es ist nicht im Sinne von Herrn Enzensberger.

Allerdings, er will es zugeben, auch die anderen Nationen plündern die dritte Welt aus. Für den Fall, daß der Vorgang seinem Publikum nicht bekannt ist, beschreibt er ihn.

Was Herr Enzensberger in den U.S.A. bewundert: die Arbeit dreier politischer Studentengruppen. Kaum ein Vergleich mit Europa.

Und er kann nicht die moralische Überlegenheit leiden, die manche Europäer gegenüber den U.S.A. zur Schau tragen, bloß weil ihre eigenen Reiche kaputtgegangen sind. Er kennt solche Europäer, und er kann sie nicht ertragen. Als ob es deren persönliches Verdienst sei. Es gibt solche Europäer, und sie sind ihm arg zuwider. Alles Quatsch und Heuchelei.

Aber persönliche Verantwortlichkeit für die Handlungen der eigenen Regierung, darauf möchte er bestehen. Das kann er uns nicht ersparen, da er es nicht sich erspart. So einen haben wir schon lange gesucht, der verantwortlich sein will für einen westdeutschen Staatspräsidenten, der einiger Baupläne für Konzentrationslager verdächtigt werden kann.

Wenn Herr Enzensberger sich erinnert, kommt ihm hier alles bekannt vor. So wie in den U.S.A.

heutzutage war es in den mittleren dreißiger Jahren in Deutschland. Da kamen Staatsmänner und schüttelten dem Führer die Hand. Dergleichen geschieht auch in den U.S.A.

Zum Beispiel, daß die meisten Leute nicht glauben wollten, daß Deutschland sich auf die Erringung der Herrschaft über die Welt vorbereite.

Wie in den U.S.A. Dort haben Herrn Enzensbergers viele Amerikaner ihm gesagt, daß sie ihren Regierungen nicht die Absicht zutrauen, die ganze Weit zu beherrschen.

In Deutschland gab es Benachteiligung und Verfolgung einer Rasse. Wie in den U.S.A. Das ist jetzt so Stücker dreihundert Jahre her, da stießen die deutschen Koggen ab von der Küste Afrikas und waren bis an den Rand beladen mit schwarzen Menschen, die sie gedachten zu Markte zu bringen in Hamburg und wohlfeil zu verkaufen als eine Kebse oder ein billiges Tier zum Arbeiten. Wie in den U.S.A. Wo man alle Naselang einen Neger mit geschorenem Kopf durch die Straßen führt, ein Schild um seinen Hals: er werde sich nie mehr bei der Polizei über die S.A. beschweren. Wie im Deutschland der mittleren dreißiger Jahre.

Und schließlich habe Deutschland sich in den Krieg gegen die spanische Revolution gemischt. Wie die U.S.A.

Viet Nam ist das Spanien unserer Generation! Das sagen solche Leute.

Aber sie bitten nicht ihre Freunde, die französischen Industriellen, um diskrete Geldspenden für die Partei im Krieg, der sie den Sieg wünschen.

Offentliche Reden halten sie, daß doch Keiner dächte, sie seien insgeheim Anhänger der Amerikaner. Die Freunde der legalen spanischen Regierung schickten Schiffsladungen voll Sanitätszeug, sie brachten große Schecks mit, sie nahmen Gewehre in die Hand und kämpften in Brigaden gegen die Militärclique, und Einer sah es sich wenigstens an, ein Buch darüber zu schreiben.

Hier erst, nach dem spanischen Bürgerkrieg, der für den in Viet Nam steht, nunmehr sieht Herr Enzensberger seine Analogie zusammenbrechen. Da sei zum Beispiel die Vernichtungskraft von Herrn Enzensbergers gegenwärtiger Herrschaft. Davon hätten die Nazis nie träumen können.

Und wenn sie es doch taten und träumten von einer Rakete mit einer Reichweite bis New York, um so schlimmer für die Träume. Es gehe auch nicht mehr so grob zu: sagt Herr Enzensberger. Der Widerstand mit Worten sei heute lizensiert, wohlgeregelt und werde sogar von den Mächtigen ermutigt. Die sind es also, die ihn ermutigen.

Es ist eine mißliche und trügerische Freiheit für Herrn Enzensberger. Er stellt sich eine Zensur vor und offene Unterdrückung, hart und ehrlich; das will er aber auch nicht.

Lieber Herr Vorsitzender: sagt er.

Drei Monate habe er gebraucht um einzusehen, daß er mit einer Vorzugsbehandlung habe entwaffnet werden sollen; daß er unglaubwürdig geworden sei, sobald er Einladung und das ganze Geld angenommen hatte; und daß alles entwertet sei, was immer ihm aus dem Mund komme, einfach weil er zu solchen Bedingungen in Middletown, Conn., anwesend war.

Gegen das westdeutsche Geld will er sich wohl verteidigen; dem Dollar fühlt er sich nicht so gewachsen.

Ihm ist ein Rat gegeben worden: einen Intellektuellen soll man nicht nur nach seinen Gedanken beurteilen; was den Ausschlag gebe, sei die Beziehung zwischen seinen Gedanken und seinen Handlungen. Jetzt handelt Herr Enzensberger. Jetzt verläßt er eine kleine Stadt nördlich von New York und fährt nach San Francisco zu und von da auf eine Reise rund um die Welt. Nicht doch. Rund um die Erde.

Denn es sei eine Sache, den Imperialismus (da ist es wieder, das obszöne Wort) in Ruhe zu studieren. Wenn man ihm anderswo ins weniger gutwillige Angesicht schaue - ja, Bauer, das ist ganz was anderes.

Er sei in Cuba gewesen. Die Agenten der C.I.A. auf dem Flugplatz von Mexico City hätten jeden Passagier nach Cuba fotografiert!

Das lassen andere Länder ihre Geheimdienste nicht tun: fotografieren.

Sie dringen auch nicht in kleinere Länder ein und hinterlassen dort Spuren; ihr wirtschaftliches System hinterläßt keine Narben auf Leib und Geist eines kleinen Landes. So ist es.

Herr Enzensberger hat es selbst gesehen.

Herr Enzensberger hat sich entschlossen, nach Cuba zu gehen und dort eine beträchtliche Zeit zu verbringen. Das dürften drei Jahre sein.

Es sei dies kaum ein Opfer.

Er hat eben einfach so den Gedanken, daß er von den Bewohnern Cubas mehr lernen kann (»Freude“), als den Studenten der Wesleyan University an politischer Haltung beibringen.

Er will dem cubanischen Volke von Nutzen sein. Er selbst, in eigener Person, will einem ganzen Volk von Nutzen sein.

Die Verwandlung des Herrn Enzensberger in den Nutzen des cubanischen Volkes, dargestellt auf offener Bühne. Keine Tricks, keine doppelten Vorhänge, keine Schleier!

Dieser Brief sei der magere Dank für drei friedvolle Monate.

Drei friedvolle Monate waren es immerhin.

Es sei ihm wohl klar, daß sein Fall als solcher von keiner Wichtigkeit, von keinem Interesse sei für die Welt jenseits der Universität.

Da geht er hin und veröffentlicht sich in der New York Review of Books.

Weil sein Fall doch immerhin Fragen aufwirft.

Das tut er.

Die ihn nicht allein angehen.

Gewiß.

Die er darum in der Öffentlichkeit beantworten will.

Nein, nicht so selbstsicher, so zuversichtlich. Die er versuchen will, zu beantworten.

So gut er kann.

So gut er kann. Und sind es auch die richtigen Fragen?

Nun wollen wir doch sehen, wie er sich dem Universitätspräsidenten unterschreibt, der ihn durch Privilegien entwaffnen wollte, ihn unglaubwürdig machen, ihm jedes Wort im Munde entwerten. Wie lehrt uns Hans Magnus Enzensberger einen Feind behandeln?

Als "Ihr aufrichtig ergebener Hans Magnus Enzensberger, 31. Januar, 1968". "Yours faithfully."

  • War dieser Ihr Landsmann vorher nie in dem Land, das wir hier so haben?
  • Er war mehrmals im Land, und länger.
  • Mrs. Cresspahl, warum macht dieser Deutsche Klippschule mit uns?
  • Er freut sich, daß er so schnell gelernt hat; er will uns lediglich von seinen Fortschritten unterrichten, Mr. Shuldiner.
  • Sollten wir nun auch nach Cuba gehen? Hat er in Deutschland nichts zu tun?
  • Man soll anderer Leute Post nicht lesen, und böten sie einem die an.
  • Aber Ihnen, da Sie eine Deutsche sind, hat er gewiß ein Beispiel setzen wollen.
  • Naomi, deswegen mag ich in Westdeutschland nicht leben.
  • Weil solche Leute dort Wind machen?
  • Ja. Solche guten Leute.

Aus: Uwe Johnson, Jahrestage Bd. 3, Suhrkamp Verlag 1971, S. 795 - 803






Hier der Brief, den Johnson so genüßlich zerlegt.


Hey, danke!


Und er hat es immer noch mit den Manichäern. Wie bei Biermann: Wenn er die Wahrheit streift, wertet das nicht seine Aussage auf, sondern beschmutzt die Wahrheit. Anders aber als Biermann trumpft er erst auf, nachdem feststeht, wer gewonnen hat. Zum Speien.