Mein Solothurner Vortrag im Volltext.
innigen dank. alles zugestanden. es gibt möglicherweise aber noch einen anderen, viel banaleren grund: der mögliche leser erfährt nichts oder nur selten oder nur unter großen anstrengungen von dem, was gute sf ist oder sein könnte. einer wie ich zum beispiel, der im monat 10, 15 bücher liest, aber nur selten ist dabei eines, das auch bei liberalster auslegung von genregrenzen als sf durchginge. es sagt mir keiner, was ich lesen könnte. niemand. ich bin kein nerd, kein technikfetischist usw. ich wüsste nicht, wo ich das wissen herbekäme, leute fände, deren geschmack vertrauenswürdig wäre, die mich neugierig machen könnten. dabei bin ich gerne neugierig. dabei lese ich gerne auf gut glück, ich hab ja sogar schon mal auf gut glück im zvab alle bücher bestellt, die in markus gaußens "die vernichtung mitteleuropas" erwähnt waren, weil er so spannende geschichten über die entlegensten autoren zu erzählen wusste. aber wie soll ich das bei sf beginnen? das steht nie im feuilleton, nie in der jungle world, nie in den weblogs, die ich lese. keine ahnung, wie man sich da eine intuition besorgen könnte davon, was einem wie mir gefallen könnte, es gäbe ja sicher einiges. eigentlich wünschte ich mir, dass ich das mal bei Ihnen lesen kann: 20, 50 bücher, klassiker, avantgardisten, alles mögliche, die zu überprüfen sich lohnen könnte. ja, ich wäre dankbar dafür.
Machen wir uns nichts vor. Das Feuilleton wird sich nie mit Science Fiction abgeben, auch nicht das Feuilleton der Jungle World, dazu ist die Angst zu groß, sich an den Schmuddelkindern die Hände schmutzig zu machen. Was ich selbst versuche (1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9) - nun gut. Wenn ich in meiner Eigenschaft als Science Fiction-Autor zu Vorträgen etc. eingeladen werde, bin ich in neun von zehn Fällen mit einer phantasievollen Raumdekoration aus Staniolpapier und "pangalaktischen Donnergurglern" zum Après-Ski konfrontiert (ich übertreibe nur leicht, Solothurn war eine echte Ausnahme). Aber es gab tatsächlich einmal eine Zeit, in der ein Verlag wie Luchterhand Science Fiction verlegte. Jetzt wird der Laden ganz dicht gemacht, und die Katze wird sich um so fester in dern Schwanz beißen: kein Angebot - keine Nachfrage - kein Angebot ... Die Anregung mit der Positvliste nehme ich auf.
Aufbau hat mal u.a. Capek verlegt. Habe "Krakatit" aus den Remittenden gefischt.
Als Einstieg
hab ich immer gern Lem "Robotermärchen" angeboten, nicht sich-selbst-zu-ernst-nehmend.
Marcus' Empfehlung von Perdido Street Station (danke ueberhaupt fuer den Hinweis darauf) kann ich nur unterstreichen. Die Stadt New Crobuzon, in der der Roman spielt, wird irrsinnig gut beschrieben, ueberall brodelt es, seltsame Machtgefuege, die permanent am Umkippen scheinen, Freiraeume werden gefunden, Freiraeume werden zerstoert. Immer wieder gedacht: Hier koennte man leben, dann darueber gewundert, schliesslich zerstoert die Stadt in der Geschichte eine nicht geringe Anzahl von Existenzen. Von Leuten, die auch noch alle auf unterschiedliche Weise sehr interessant sind.
The Scar liegt schon bereit fuer die Winterzeit.
Der Autor hat im Guardian seine Top 10 der "Weird Fiction" veroeffentlicht und ich denke mir, wer so schreibt und so wahre Worte ueber Tolkien spricht, bei dem kann man wenig falsch machen und gehe die Liste dementsprechend gerade durch.
Ebenfalls beim Guardian etwas ueber Philip K. Dick, dessen Buecher sich oft anfuehlen, als wuerde man von einem Sog erfasst, es ist wunderbar.
Gibt es von William Gibson eigentlich noch Kurzgeschichtensammlungen ausser Burning Chrome? Dass schon die Titel der Texte die seltsamsten Gefuehle bei mir ausloesen (Fragments of a Hologramm Rose; Red Star, Winter Orbit; The Winter Market), sagt einiges darueber, wie sehr ich dieses Buch liebe.
sf-klassiker
wie Ray Bradbury (Fahrenheit 451, Mars-Chroniken) oder Philip K. Dick (Warum träumen Roboter von elektrischen Schafen) oder Philip José Farmer (Fleisch...) fallen mir da mal spontan ein als Einstieg in ein Genre, dessen aktuelle Erzeugnisse ich auch nicht mehr kenne. Das jüngste, das ich las, Target von einem gewissen Marcus Hammerschmitt, lag mir lange schwer im Magen... Empfehlen könnte ich viel, aber nichts Neues. Das Alte dafür um so mehr, zumal es meistens nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat. Werde mal weiter drüber nachdenken. Im Zusammenhang mit dem Schockwellereiter, schließlich auch ein sf-Roman, kam mir die Idee schon öfter.
Das jüngste, das ich las, Target von einem gewissen Marcus Hammerschmitt, lag mir lange schwer im Magen...
Sie dürfen sich nicht so viel mit altem Kram abgeben. Warum nicht mal was Zukunftsweisendes?