Terror, Phantasie, Gleichzeitigkeiten

Politisch wirksame Psychopathen, die aufs Ganze gehen wollen, verüben eine bestimmte Art von Verbrechen. Wer davon hört, will sich nicht vorstellen, dass "so etwas" passiert ist, obwohl die terroristische Wucht dieser Taten gerade davon ausgeht, dass man sie sich durchaus vorstellen kann. In dem seltsamen Raum zwischen dem Wollen und Können der Imagination gedeiht der Mythos dieser Verbrechen: Sie verwandeln sich in Schemen der Phantasie und werden als Endpunkte der menschlichen Grausamkeit gleichzeitig so furchtbar, wie es nur die Realität selbst sein kann. Wenn die Fähigkeit der Imagination nicht nur durch Ekel und Abscheu behindert wird, sondern auch dadurch, dass das eigene Selbstbild als Mensch oder als Zugehörige/r zu einer bestimmten Gruppe ins Wanken geraten würde, wenn "diese Sache" wahr wäre; wenn dazu noch die offene oder uneingestandene Haltung tritt, die Opfer der Greueltaten hätten sie irgendwie verdient, wenn also Verdrängung und Sympathisantentum eine ganze eigene Verbindung eingehen, geschieht etwas sehr Seltsames mit den grotesken Verbrechen: Sie haben zwar belegbar stattgefunden, sie können aber nicht stattgefunden haben und sie werden insgeheim oder offen befürwortet. Im Extrem werden sie gleichzeitig offen geleugnet und offen gefeiert. So könnte wenigstens ansatzweise erklärt werden, was in weiten Teilen der deutschen Gesellschaft mit den Taten der Hamas vom 7. Oktober 2023 geschehen ist. Im Alltagsbewusstsein vieler Deutscher verwandelten sie sich in ein Detail der Geschichte noch während sie stattfanden, und seither wurden sie immer irrealer, ferne Möglichkeiten des Terrors, gegen irgendwen gerichtet. Ein Filmstoff, vielleicht. Anderswo – nicht nur auf der Berliner Sonnenallee – wurden und werden sie geleugnet und gefeiert. Gleichzeitig.