Wir lasen, oh wie wir lasen. Und die Anwesenden hörten gut zu (der große Saal des kleinen Theaters war fast voll). Es kam zu Gelächter und Ergriffenheit, aber nur selten wurde romantisch geglotzt. Das Schlusswort der letzten Vortragenden lautete: "Ich lade Sie ein, an der Bar unmäßig zu trinken, massenhaft Bücher von uns zu kaufen und uns nichts zu fragen."

Ich las zum Beispiel:

Wenn überhaupt

Wenn man erst einmal ein Scheißkraucher geworden ist. Eine Kreatur, die mit dem Hosenbund an den Brustwarzen im Grottenolmgang durch das Höhlensystem ihres endgültigen Alltags schlurft. Wenn man überhaupt noch schlurfen kann wie ein Grottenolm. Wenn man die Jauche nicht mehr hält, und zum dritten Mal im Leben Windelnutzer wird. Wenn das nicht andere für einen machen müssen, denen vor Ekel die Hände erlahmen. Wenn man Fürze lässt, die Tauben töten. Wenn einem die Zähne wie Stecker aus der Kauleiste gehüpft sind, und man ein Pampenlutscher geworden ist. Ein Scheisskraucher und ein Pampenlutscher. Wenn man überhaupt noch lutschen kann. Wenn man das Würstle wienert und es wird nicht mehr strack, nicht einmal mit Arzenei, und die kann man sich sowieso nicht leisten. Wenn man alle Männer Theodor nennt und alle Frauen Chicorée, das ist ein Indianername wie aus Tausendundeine Nacht. Wenn man ein Ödsabbler geworden ist. Vorausgesetzt, man sabbelt, weil im Hirnmulch noch das ein oder andere Neuron einsam vor sich hinfunkt: SOS, SOS. Wenn man den ganzen Tag lächelt und wackelt, wenn das kleine Einmaleins ein Himalaya der Überforderung geworden ist. Wenn man vor dem Fernseher sitzt, und sich über alles freut, und nachher ist wieder das Sofa nass. Wenn überhaupt. Wenn man noch einen Fernseher hat. Und ein Sofa. Und den Einschaltknopf finden kann. Und das Ding da, das Dingsbums da, das da zum Drücken.

© M. Hammerschmitt, 2006